Unterfränkischer Schachverband e.V.
Bezirksverband des Bayerischen Schachbundes im Deutschen Schachbund e.V.
und Bayerischen Landessportverband

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UEM Streiflichter (#6) – Thekenfeen & Starke Frauen

Was würden wir Schachspieler nur ohne das Kaffee- und Kuchendoping machen, um die auslaugenden Doppelrunden und Schachschlachten zu kompensieren?

Lesia Burkot & Oksana Gies

Die reizenden und fürsorglichen Buffetfeen um Oksana versorgten uns täglich mit Leckereien und warmen Koffeinshots, die ich bereits in Runde eins als Mitleidtragender der erwähnten 123 zügigen Seeschlange reichlich in Anspruch nehmen musste 😉. Da wusste ich allerdings noch nicht, was mir in Runde fünf bevorstand…

Das in der MI mitspielende, weibliche Ukrainische Dreigestirn stach die teilnehmenden Männer nicht nur optisch aus, sondern war mithin am Brett extrem stark.

WIM Larisa Kalinina

WGM Olga Babiy

Im fünften Durchgang konnte ich mich gegen die WFM Marianna Grineva selbst von dieser Damenpower überzeugen.

WFM Marianna Grineva (alle Fotos K. Link )

Mit Zähigkeit und Nervenstärke hielt die weibliche FIDE-Meisterin allen Angriffen stand, und im 55.Zug einigten wir uns schließlich auf Remis. Der Partieverlauf entlud sich unwetterartig in mehreren verrückten Varianten über das Brett.

Mit 26.e4-e5 (Diagramm 1) legte ich nicht nur einen Köder aus, sondern öffnete unweigerlich die Büchse der Pandora, was aufgrund des hängenden Le3 und der schwachen weißen Grundreihe dem Chaos auf dem Brett freien Lauf ließ…

Diagramm 1

Nach 26.- Db7 (drohte nun profan Matt auf g2) 26.Sf3 (verstellt und deckt das Mattfeld g2 indirekt) 26.-Txe5?

Diagramm 2

Hier war meine Fortsetzung 27.Ta7! Dd5 28.Txc7!? noch richtig, aber nicht optimal, um das nicht versiegen wollende schwarze Gegenspiel im Keim zu ersticken.

(28.Lxc5! ist am wirkungsvollsten (der angegriffene Läufer zieht und schlägt) 28.-Dxc5 29.Txc7 Dxc7 30.Dxa8+ Kh7 31.Sxe5 +7.2 mit Gewinn, nachdem die Dame-Läufer Diagonalbatterie beseitigt ist, darf der Sf3 wieder springen)

28.-Dd5 29.Txc7 Txe3 30.Tc8+ (der La8 wird einkassiert +5.5) Kh7 31.Dxa8 Txa8 31.Txa8 Te2:

Diagramm 3

Tragikomisch, dass der Sf3, der gerade von der Mattdrohung der Dame-Läufer-Batterie auf g2 ermattet in Reha gehen wollte, sich nunmehr des äußerst lästigen, eingedrungenen Turms auf e2 erwehren muss, und das Grundlinienmatt bewachen soll. Überstunden also.

Pustekuchen! Die passiven Verteidigungspflichten in die Luft schlagend bewegt er sich nach vorne, weg vom Schutz des eigenen Königs.

32.Sg5+! Kh6 33.Sf7+ (nach dem gültigen Motto: „Ein Schach kann nie verkehrt sein…“) Kh7 34.Sh3! (hoppla, nun droht Matt auf der anderen Seite. Die Springer hoppeln umher, als hätten sie unerlaubte Zusätze in den Hafer gemischt bekommen.

Diagramm 4

35.-Lf6 36.Lxg6! (+5,8) Nun schaltet sich auch noch der weitsichtige Läufer ins Geschehen ein.

Statt einer späteren, möglichen +8 Stellung erhielt Schwarz nach einem minderwertigen weißen 37.Zug scharfes Gegenspiel, weil es die weißen b- und c-Bauern beseitigen konnte. Die Mehrfigur war nun – zumindest für mäßig begabte Spieler wie mich – nicht mehr trivial zu verwerten, und mein Vorteil hatte sich mit Schwindsucht angesteckt, zumal bei komplexer Stellung und zeitlicher knapper Inkrement Rationierung. Deutlich wird dies am Beispiel, dass auf den unwiderstehlichen Bauernmarsch c4-c3-c2-c1 nur noch der einzig mögliche Bauernopferzug h2-h4! hilft. Ein Ritt auf der Rasierklinge:

Diagramm 5

44.- c3 45.h4! Kxh4 (dito Kh6) 46.Sf5+ KK5 47.Sxd4 c2 48.Sxc2 (uff!, gerade noch rechtzeitig!)

44.- c3 45.h4! Kf6 46.Te6+ Kg6 47.Lg6 hält c2 ebenso.

Diagramm 6

Kurze Zeit später, in Diagramm 6, nach dem listigen 46.-Kh4! der Ukrainerin sollte man unter hastig verrinnenden Sekunden tunlichst erkennen, dass 47.Txb5? wegen 47.-c3 !! keine gute Gewinnidee wäre.

48.Txb2 cxb2 49.La2 (geht doch! Oder?! => Analysediagramm 7)

Analysediagramm 7

Nix da! Nach 49.-Kh3 kann Weiß den verbleibenden Gewinnbauern h2 nicht mehr halten, was sofort remis ist.

Obwohl ich diese studienhafte Wendung am Brett mit wenig Bedenkzeit gerade noch erspähen konnte, und auf die Partiefortsetzung 47.Te4+, +3.7 setzte, konnte ich das Spiel unter Zeitdruck nur noch zum letztlich verdienten Remis abwickeln. Verdient, weil die toughe Ukrainerin sich nach allen Mitteln der Kunst nervenstark und zäh bis zum Schluss verteidigte und beständig neue Ideen ausgrub, um das Gegenspiel während der gesamten Partie am Laufen hielt.

Man sieht, wieviel Potential und Reichtum in solchen Matches steckt.

Nach diesem aufreibenden Kampf konnte es für mich nur einen Weg geben – An die tröstende Kuchentheke…Nervennahrung!

UEM Partien auf : https://live.ufra-schach.de/2022/index.html

 

[KL]