10 Fragen an Garry Leusch
Sonntag, 6. April 2025Gunny und seine Begegnung mit dem Weltranglistenersten Magnus Carlsen Ende 2024. Bildquelle: Garry Leusch
Garry (Gernot) Leusch? Wir können die Fragezeichen auf der Stirn der meisten Leser schon erahnen…ok, wir geben einen Tipp: Gunny! Noch nicht geklingelt? Nein? Chessalyze? Na spätestens jetzt sollte im deutschsprachigen Raum doch der Groschen gefallen sein. Gunny berichtet auf seinem YouTube Kanal mit mittlerweile annähernd 20.000 Abonnenten regelmäßig über Neuigkeiten aus der Schachwelt, analysiert Partien und streamt auch seine eigenen Erfahrungen auf den 64 Feldern, die die Schachwelt bewegen.
Die Selbstbeschreibung klingt minimalistisch:
Hallo liebe Schachfreunde, ich bin Gunny. Mein YouTube Format „Chessalyze“ richtet sich hauptsächlich an fortgeschrittene Schachspieler. Ich zeige euch allerlei Hochwertiges aus der Welt des Schachs, Analysen, Eröffnungslehre, Endspieltechnik und habe einen besonderen Fokus auf die besten deutschen Schachspieler wie Vincent Keymer zum Beispiel. Ihr findet mich auch in Live Streams auf https://www.twitch.tv/gunnysworld
Nun ja, klingt einfach! Aber jeder, der sich im Amateurbereich in der Öffentlichkeitsarbeit bewegt, respektiert und wertschätzt die Arbeit und die vielen, vielen Stunden, die hinter so einem Video stecken. Vor allem, wenn man, wie Gunny, den Anspruch hat, sich nicht von Video zu Video zu wiederholen. Und welcher Schachspieler liebt nicht sein anfeuerndes „Push em Baby“! Oder das allzu wahre Motto „die Türme gehören auf die offenen Linien“.
Gunny hat nach der Schule eine Ausbildung zum Fluglotsen in der Flugsicherung begonnen (fleißige Leser unserer 10 Fragen an … haben ein Déjà vu). Nach einigen Jahren hat er dann jedoch den Beruf gewechselt. Als interessierter Gamer und Webseiten-Creator bekam Gunny die Chance, für Blizzard Entertainment in Paris zu arbeiten – als PR und Community Manager. Das war nach Gunnys eigenen Worten eine sehr spannende und auch anstrengende Zeit. 2007 zog Gunny dann nach Berlin, um sich selbstständig zu machen. Das lief recht gut, aber 2014 wurde seine kleine Firma dann verkauft. Nach einigen ruhigen Monaten verschlug es ihn südwärts nach Nürnberg als Geschäftsführer in einem Logistik-Unternehmen, in dem er bis 2019 tätig war. Und nach fast 20 Jahren schachlicher Pause folgte er seiner Berufung und konzentrierte sich auf Wesentliche: Schach! Neben seinen Streaming Aktivitäten spielt Gunny seit Sommer 2023 in der Bezirksliga für den Schachclub Postbauer-Heng.
Frage 1: Wie bist du zum Schach gekommen und was hat dich dort gehalten?
Schach habe ich mit 7 Jahren von meinem Vater gelernt und mit 10 Jahren bin ich dann in einen Verein eingetreten. Ich habe coole Leute kennengelernt, wir haben fast täglich in einem Cafe geblitzt und trainiert und wussten gar nicht wirklich, wie gut wir geworden waren. Schließlich wurden wir zu viert aus der „Schwabenliga“ in die Oberliga abgeworben und wir haben einige Jahre beim SK Göggingen gespielt, meines Wissens spielen die bisher heute noch in der Oberliga.
Aus beruflichen Gründen ging das aber nicht mehr und ich habe eine lange Pause vom aktiven Schach eingelegt…
Frage 2: Was war dein größter sportlicher Erfolg außerhalb des Schachs?
Ich habe mal recht passabel Basketball gespielt, aber zu viel hat es nicht gereicht. Meine größten Erfolge habe ich auf jeden Fall im Schach gefeiert.
Frage 3: Du beobachtest ja international Schachspieler jeden Alters in allen Turnierformaten, teilweise auch live vor Ort. Was könnten wir in Deutschland besser machen um Jugendliche und den Spitzensport mehr zu fördern?
Die schachliche Förderung in Deutschland ist ein großes Problem. Wir haben zwar einige engagierte Menschen, die den ein oder anderen Spieler fördern, aber ob das wirklich nachhaltig ist, weiß ich nicht. Ein tollen Job macht GM Sebastian Siebrecht mit seiner Schach for Kids Tour, davon brauchen wir viel mehr! Aber ich gehen noch einen gewaltigen Schritt weiter: Ich würde Schach als Schulfach zur Pflicht machen! Es schult das analytische Denken, es fördert die Konzentrationsfähigkeit, es diszpliniert auch in gewisser Weise. Das würde mit Sicherheit eine Menge Talente hervorbringen, aber bei diesem Thema rede ich mich leicht in Rage. Aktuell ist die Gesamtsituation in Sachen Förderung unterirdisch – sei es für Jugendliche oder sei es im Spitzenbereich. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.
Frage 4: Das „klassische“ Schach ist in letzter Zeit ein wenig in Verruf gekommen, zu zeitintensiv und remis-lastig. Der Trend geht zum Schnellschach und Sonderformen wie Chess 960. Welche positiven oder auch negativen Entwicklungen siehst du in den nächsten 10 Jahren auf den Schachsport zukommen?
Ich denke nicht, dass Schach in Verruf gekommen ist. Die Voraussetzungen haben sich nur geändert, man denke an die totale Dominanz der Maschinen. Ein jeder bereitet sich mithilfe von Engines vor, Eröffnungen sind viel tiefer analysiert als früher; aber mal ehrlich: Wer außer einer gewissen Elite kann sich das merken? In der Breite bleibt das klassische Schach sicherlich auch weiterhin das Spiel der Spiele. Ich bin aber sehr offen gegenüber Änderungen an den Formaten, beispielsweise sollte die Schach-Weltmeisterschaft kürzere Bedenkzeiten spielen und vor allem kein Inkrement vor Zug 40! Wir haben beim Kandidatenfinale gesehen, wie spannend die Zeitnotduelle werden. Und was Chess 960 oder Freestyle betrifft: Warum nicht? Das ist extrem komplex und herausfordernd und es kann eine tolle Ergänzung sein, auch für Turniere.
Frage 5: Welchen Menschen würdest du gerne mal treffen und was wäre deine wichtigste Frage?
Albert Einstein oder Leonardo da Vinci. Zwei der größten Genies überhaupt wie ich finde. Meine Frage wäre klar: Hat das Universum gewürfelt als es uns Menschen hervorgebracht hat oder hat das einen bestimmten Zweck? Letzteres kann ich mir eher nicht vorstellen, sonst würden sich die Menschen nicht gegenseitig umbringen. Wer sind wir schon? Da wird man sehr schnell philosophisch, gell?
Gunny am Schachbrett gegen FM Thomas Egger. Bildquelle Garry Leusch.
Frage 6: Welche Schach-Eröffnung beherrschst du am besten und welche würdest du gerne noch lernen?
Ich spiele meistens 1. e4 mit Weiß und spiele gerne Sizilianisch mit Schwarz – muss aber nicht sein. Ich spiele auch mal gerne Katalanisch und würde diese komplexe Eröffnung gerne viel besser verstehen…
Frage 7: Was hat aus Deiner Sicht am meisten zum großen Erfolg deiner YouTube Videos beigetragen? Was möchtest du zukünftig noch verbessern?
Ehrlich gesagt weiß ich das nicht genau. Vielleicht die Regelmäßigkeit mit der ich Videos veröffentliche? Vielleicht die Authentizität? Ich würde meine Videos gerne professioneller gestalten ohne zu übertreiben. Mit ein paar netten Überblendungen oder Content Boxen. Aber da bin ich kein Profi, ich bastle alles selber zusammen so gut ich eben kann.
Frage 8: Welches Buch, welche Musik und welcher Film müssten mit auf die einsame Insel?
Buch: Der Herr der Ringe und die acht Teile des Dark Tower Epos von Stephen King. Musik: alle Pink Floyd und TOOL Alben! Film: Fight Club!
Frage 9: Welchen Schachspieler bewunderst du am meisten?
Ich unterscheide zwischen der Vor-Computer Ära (also bis ca. Mitte der 90er Jahre) und der danach. Für die Zeit vor den allmächtigen Engines: definitiv Bobby Fischer! Und für die Ära danach: Magnus Carlsen.
Frage 10: Dein wichtigstes Ziel für die Zukunft?
Gesundheit und mehr Videos für euch alle! 😉
Neugierig geworden? Gunny wird in 2025 während der Unterfränkischen Meisterschaften in Arnstein in seinem YouTube Kanal die spannendsten Partien vorstellen und analysieren. Die Links werden dann hier auf unserer Webseite zur Verfügung stehen.
Vielen Dank Gunny für Deine Gedanken und die spannenden Einblicke in Dein Leben!
In memoriam Klaus Link (1966-2024)
(MVE)
Mehr von und mit Gunny bei