Unterfränkischer Schachverband e.V.
Bezirksverband des Bayerischen Schachbundes im Deutschen Schachbund e.V.
und Bayerischen Landessportverband

MENU

UEM Schlagschatten #15 – Schlusszug – Zugschluss – Schlusslichter

Der Unterfränkische Schachzug, der über Wertheim in Erlenbach bei Marktheidenfeld Station machte, ist schon wieder abgefahren. Er wird im kommenden Jahr in Aschaffenburg-Obernau erwartet. Die Reisegesellschaft erlebte bei den Einzelmeisterschaften zu Ostern in allen Zugklassen abwechslungsreiche Aussichten.

Die Festhalle in Erlenbach, hell und geräumig. Gute Spielbedingungen.

82 Spieler, die höchste Teilnehmerzahl nach 10 Jahren!

Erst wenn das Endspiel kommt, sieht man welche Bauern ihr Feld bestellt haben (frei nach Warren Buffet)

Die regelsicheren Turnierleiter Hans-Jörg Gies (RSR, NA) und Schiedsrichter Jürgen Müller wachten im Tandem über die Partien – und Handyklingeltonsymphonien, dealten mit elektronischen Schachbrettern und verkabelten alles, was Ihnen in die Hände fiel 😉

Überall digitale Bretter in den Schlussrunden, Partien Download Funktion wäre noch das Schlagsahnehäubchen

Hans-Jörg Gies – Bezirksspielleiter seit Beginn der Zeitrechnung, bekannt für kurze Reden

Einige Geschichten konnten erzählt werden, einige Partien aufgezeichnet.

Die Psyche der Spieler reicht tief unter den Schachbrettboden. Manches spiegelt sich in den Wettkämpfen, Vieles bleibt im Verborgenen und wird nie ans (Schlag-) Licht kommen.

Niederlagen sind unerfreulich (am meisten ärgert man sich über sich selbst). Relativiert und erdet man sie jedoch an wirklichen Problemen, bleibt das Schachspiel ein wunderschönes Hobby und mit jeder neuen Partie erhält man eine neue Chance. Das Entscheidende sind nicht die Titel und Pokale, sondern die kontinuierliche, charakterliche Arbeit an der eigenen Persönlichkeit, mit allen Stärken und Schwächen. Und wenn man versucht ist, sich wieder mal in die jammernde Opferrolle zu begeben, greife man präventiv stattdessen lieber zu Humor und Selbstironie und nehme sich damit selbst auf die Schippe.

Bevor wir in die verdiente Schachpause (Gibt es eine?) gehen, sollen beispielhaft ein paar „Fahrgäste“ vorgestellt werden, die das Geschehen in Erlenbach bereicherten und für ein schönes, harmonisches, aber auch kämpferisches Turnier sorgten:

Da wäre zum Beispiel das „Nesthäkchen“ Martin Kwossek vom Traditionsverein SC Kitzingen 1905: Mit 71 Jahren seine 1te Teilnahme (!) bei den 72.ten Unterfränkischen (Für die Mathematikstudent*Innen unter uns: 72-71=1, #wzbw). Er wurde mit 6 aus 9 Vierter des Hauptturniers, ist damit Aufsteiger in die MII und durfte deshalb mit seinem Ergebnis vollauf zufrieden sein. Sein taktisches Verständnis ist hervorragend, was er gegen Walter Mehler (TSV 1895 Karlburg) bewies:

34.Txa5! bxa5 35.c6! 1:0

Nach 35.-Kc8 Da6+ und 36.Tb8# 1:0

World Champion (Label “WC”) Jörg Werner vom SV Würzburg 1865:

Sauschwere Partien, mit 6,5 Punkten Vizemeister, hatte wohl nicht nur Schwein, als er im Hauptturnier Zweiter wurde.

Der Luxemburger Axel Plard vom SV Germania Erlenbach, Nachwuchshoffnung und Dritter des Hauptturniers (6,5 Punkte). Nicht nur lockiges Haar, sondern auch quirliges Spiel

Stefan Blank vom Schachklub Sulzbach gebührt der Fairnesspreis.

Er reklamierte den Handy Ton seines Gegners nicht, sondern spielte stoisch und unbenommen weiter, während sein Gegenüber ruhigen Schrittes den Rucksack mit samt Handy schnappte, und draußen ent-kontaminierte. Vielen Dank an Stefan Blank! Denn erst dadurch konnte die Anekdote vom müden Gaul (https://www.ufra-schach.de/turnier/uem-schlagschatten-4-der-muede-gaul/) erzählt werden.

Acht Unterfränkische Meistertitel waren beim Spiel von Norbert Kuhn (3x) und Dr. Hans-Joachim Hofstetter (5x) versammelt. Norbert verlor die Partie und musste als Fünftletzter den bitteren und äußerst knappen Abstieg auf sich nehmen. Aber er wird im kommenden Jahr – wie bereits 2018 – den direkten Wiederaufstieg schaffen!

„Isi“ konnte nach holprigem Start 1,5/5 viermal en Suite gewinnen und wurde mit 5,5/9 Siebter der MI.

Dr. Hans-Joachim Hofstetter: Der fünffache Meister von Unterfranken, heuer nach einem „Aussetzer“ 😉 im vorigen Jahr wieder mit dabei. Teilnahme an den UEM seit den Siebzigern!

Noch eine Korrektur zur Planetenumlaufpartie der nun folgenden Stellung. Hier wurde leider die Partie sowohl in der Datenbank zur UEM, wie auch bei den Livepartien aus Runde 9 Brett 3 falsch zugeordnet (https://view.livechesscloud.com/#f4dabe5c-16ab-4ca5-b89d-54b1f7bf4256)

Runde 9 No#3).

Es handelt sich nicht wie angegeben um Hofstetter-Heidel, sondern korrekterweise um Jakob Roth – Michael Pfarr!

Zum Drehschwindel des Betrachters kamen also auch noch Halluzination in der Erinnerung und Sehstörungen, sowie eine verkehrte Live Brett Zuordnung hinzu

Nun also in berichtigter Fassung:

In der Partie Jakob Roth gegen Michael Pfarr tanzten die weiße Dame und der schwarze König wie zwei Planeten in elliptischen Umlaufbahnen umeinander: Wechselweise anziehend – abstoßend, bis die weiße Supernova mit 44. Df8# die schwarze Galaxie zum Verglühen brachte.

Ich musste mich hinsetzen, da ich beim Zuschauen unter Drehschwindel litt:

 

38. Dh5+ Kf6 39.Dh8+ Ke6 40.Dg8+ Ke5 41.Dd5+ Kf6 42.Df5+ Ke7 43.Th7+ (ein zwischenzeitlicher Kometeneinschlag) Ke8 44.Df8# Supernova.

Der ehemalige Weltmeister Willhelm Steinitz Sulzbacher Horst Steeger hielt als Aufsteiger die M2 Klasse als 19ter mit 3,5 Punkten

Christiane Köberl, SC Sulzbach, löste als Achte des Hauptturniers die MII – Zugfahrkarte 2024. Was wir uns alle fragen: Wird sie an Ostern 2024 die Station von Sulzbach ins benachbarte Obernau mit der Westfrankenbahn zurücklegen, oder fährt sie die Kurzstrecke dann doch lieber mit dem Rad?

Claudia Roth, SpVgg Stetten 1946, 2 Siege, Mutter von 2 erfolgreichen Schachsöhnen bei ihrer ersten UEM Teilnahme

In Runde 9 gab es keine Kurzremisen, erstmals seit ich zurückdenken kann. Kampfschach pur! Hier die Spitzenpartie Grineva (Frauen-Bundesligaspielerin mit 100% Erfolg) – IM Fabian Englert ½: ½, die viele interessierte Zuschauer fand.

(Auf dem Brett wurde mehrfach eine Stubenfliege gesichtet.)

Siegerehrung mit Schirmherr Landtagsabgeordneter Thorsten Schwab

Landtagsabgeordneter Thorsten Schwab war ein hoch interessierter und äußerst sympathisch, authentischer Schirmherr, der die Partien nicht nur vor Ort, sondern auch zuhause per live Übertragung mitverfolgte. Erfrischend seine Reden. So wünscht man sich einen politischen Vertreter. (Dessen Parteizugehörigkeit habe ich nicht recherchiert und bin daher unbefangen).

Eine echt coole Socke: Nicolas Heidel vom SC Aschaffenburg. Pferdeflüsterer, (https://www.ufra-schach.de/turnier/uem-streiflichter-11-der-pferdefluesterer/)

immer kraftvolles Spiel. Er hielt nach sechs Runden mit 5 Punkten die Meisterklasse 1 offen, und war bis dahin gleichauf mit IM Fabian Englert. Übrigens, wo ist sein Verpflegungs-Obst geblieben? Vielleicht war das der konditionelle Grund für den ½ Punkt aus den letzten drei Runden? Fehlende Vitamine?!!

Sein 47.-g3 in Runde 2 war ein feiner Durchbruchszug von ihm:

47.-g3! -+ Schlägt 48.fxg3 hängt der Läufer. Schlägt 48.hxg3, marschiert der h3 Bauer zur Umwandlung. Deswegen 48.Kg1, aber nach 48.-g2! steht der König eingesperrt:

Martin Faust, SC Prichsenstadt: Ein Apnoe Tiefseetaucher, im Schachozean seiner Partien mit stets fantasievollem Schach.

In Link-Faust spielte der Prichsenstädter sehr erfindungsreich und konnte ein sehenswertes Matt auf offenem Brett herbeiführen:

36.-Le7-g5# ! Link K. – Faust Martin 0:1 und der weiße König ist ge-lasert.

Dr. D. Schellenberger, SC Aschaffenburger – Starkes Finish in der MI mit 2,5 aus 3. Musste sich trotzdem in die MII verabschieden und spielt diese 2024 „dahoam“!

KL in Runde 6 gegen Schachfreund Schellenberger mit dem Rücken zur (Hallen-)Wand.

Er bot mit 14.Le2-c4 ein echtes „Queens Gambit“ an …

was der Schwarze mit 14.-Sa5 ( besser 14.-Se3:! mit schwarzem Vorteil) 15.Lxd5! Sxb3 16.Le6+ Kh8 17.axb3 annahm:

Nach dem sich der Rauch lichtete:…

hatte Weiß mit +4 eine Gewinnstellung vorzuweisen. Die schwarze Stellung ist völlig gelähmt (Die Umsetzung des Vorteils wäre eine andere zu erzählende Geschichte 😉)

Anna Bilogolovko (SC 1957 Bad Königshofen), gechillt und 4 aus 9 im Hauptturnier. Beim Blitzturnier wurde sie mit DWZ 1331 unglaubliche 14te im starken Teilnehmerfeld:

Seniorenwart USV & Organisator von „Rock meets Chess“, Wolfgang Max Schmitt. Manche behaupten: Und es gab doch einen Elefanten im Raum!

Tobias Weidel vom TSV 1895 Karlburg siegte im Aufstiegsturnier ungeschlagen

Erlenbach 2023: Da bleibt viel Raum zum Nachdenken

Rena Pahlke, volle Konzentration im Aufstiegsturnier – Sie belebt mit ihrem Jugendtraining das Schach in Rieneck. Bravo! 😀 👍 👏

Thomas Bräutigam, SV Würzburg 1865, bahnte seinem gewinnbringenden Freibauern auf a4 gegen WFM Grineva, M. mustergültig und fintenreich den Weg:

43.Tf8+!

45.a6!

Sechs Jahre danach: Heinz Hamlack, erneut Gewinner der MII und identischer Zieleinlauf wie damals, 2017 in Sailauf! Hamlack Erster mit 7 Punkten und Lutz Müller mit 6,5 Punkten Zweiter.

Parallel zu den Unterfränkischen Einzelmeisterschaften fand die Schachweltmeisterschaft zwischen Ding und Nepo statt. Selten gab es solch spannende Momente und eine genussvolle Berichterstattung wie in „der Zeit online“ von Ulrich Stock: z.B.: https://www.zeit.de/sport/2023-04/schach-wm-partie-sechs-ding-liren in Das Aufleuchten der Schönheit“. Wer Zeit und Muse hat sollte sich die Artikel und YouTube Video Highlights im Anhang unbedingt anschauen!

Doch zurück zur UEM. Dort verabschiedete der Brot & Spiele Organisator Konrad Diener derweil alle Teilnehmer mit einem Andenken und Abschiedsgeschenk:

Gut gelaunte Mömbriser Schachfreunde v.l.n.r.: Florian Völlinger, Michael Pfarr, Daniela und Markus Susallek

Die Ritter*Innen der Tafelrunde

Der Berichterstatter wird sich nun von den UEM Strapazen erholen (und Ihr von ihm). Wie könnte man dies besser als beim Schachspiel! Ich freue mich daher auf ein Turnier auf einer kleinen griechischen Insel zusammen mit zwei Unterfränkischen Mitstreitern. Ich hoffe, es gibt keine allzu großen griechischen Tragödien auf dem Brett…
Vielen Dank an den Webmaster Thomas Worofsky sowie den interessierten Lesern für deren tolle Resonanz.
Bis 2024, bei den nächsten Unterfränkischen!

(Schlag-)Schattenpender KL, hier an der Sun Voyager Skulptur einer bekannten Schach-WM Hauptstadt, sagt Servus 😉

Zugende. Lichter aus! Und alle Schatten sind verschwunden…

KL

Quellen:

Mit folgenden Schnipseln kann man sich selbst von der Faszination dieser einzigartigen WM anstecken lassen:

Der brillant-stille Killer(zug) 41.d5!!, DER Zug der WM, und wie zwei Großmeister über dessen Bedeutung rätseln und (beinahe) verzweifeln

Die 12. Partie, der tragische Wendepunkt der WM

46.-Tg6 laut Carlsen ein Zug für die Unsterblichkeit von den Kommentatoren als minderwertig verworfen.

  • Die griechischen Tragödien finden auf Kos bei der ACO Amateurschachweltmeisterschaft statt:

GM Daniel King ebendort bei einer Post mortem-Analyse

  • Sonnenfahrt (isl. Sólfar, engl. The Sun Voyager ) ist eine Skulptur in Reykjavík, Island, die vom Künstler Jón Gunnar Árnason (1931–1989) im Jahre 1986[1] geschaffen wurde. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Stadt Reykjavík gab es im Jahr 1986 einen Wettbewerb. Sólfar wurde ausgewählt und das Original (Aluminiumskulptur, 42,5 × 88 × 36 cm.) wurde der Stadt Reykjavík übergeben. Die Skulptur wurde in voller Größe am heutigen Standort gebaut und am 18. August 1990 anlässlich des Jubiläums der Stadt Reykjavík enthüllt.
  • Partien zum Nachspielen: https://view.livechesscloud.com/#f4dabe5c-16ab-4ca5-b89d-54b1f7bf4256 , (Auswahl über Klicken der blauen Kopfleiste)
  • Fotos: Oksana Gies, Carsten Pohl, KL, ACO, Pixabay